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Bibelgarten am Edersee - Adamsfeld 35 - 34513 Waldeck

Bericht zum Studientag am 1. Nov. 2025, Bibelgarten am Edersee (H.W.)

Fremde Pflanzen – Fremde Menschen

Unter diesem Thema stand ein Studientag am 1. November im Zentrum „Kirche unterwegs“ auf Scheid am Edersee. Er wurde geleitet von Thomas Rebenstock und Helmut Wöllenstein als Teil der Ausbildung von Guides für den Bibelgarten Edersee. 

Seine prominenten Pflanzen sind „Fremde“ hier in unseren Breiten. Ölbaum, Feige und Granatapfel stammen aus Kleinasien. Und viele der biblischen Geschichten erzählen, dass Menschen ihre Heimat verließen, dass sie vertrieben wurden und sich auf lange Wege zu einem neuen Zuhause machen mussten. 

Zu Beginn des Seminars staunten die Teilnehmenden nicht schlecht. Beim Durchgehen einer langen Liste von Pflanzen, die uns wie selbstverständlich umgeben, waren sie überrascht, wie viele nicht aus Mitteleuropa stammen: Roggen, Weizen und Gerste aus dem Kaukasus, Möhren aus Afghanistan, Rosen aus China, Fichten aus Sibirien, Kartoffeln, Tomaten, Bohnen und Mais als sogenannte Neophyten aus Amerika.  – Fazit: Wir könnten hier nicht leben ohne die vielen fremden Pflanzen, die inzwischen bei uns Wurzeln geschlagen haben.

Angesichts dessen lag es auf der Hand, zu fragen: sollten wir überhaupt von „fremden“ Pflanzen reden? Und können wir von „fremden Menschen“ reden? Hier gibt es ähnliche Erfahrungen. Viele, die zu uns gekommen sind, leben schon seit Generationen bei uns. Unsere Kultur, unsere Wirtschaft und unser Zusammenleben sind ohne sie nicht denkbar. Die Referentin Maryam Ahmad musste mit 10 Jahren als Angehörige einer verfolgten Minderheit aus Pakistan emigrieren. Sie hat sich hier qualifiziert in Religionswissenschaften sowie in Friedens- und Konfliktforschung und arbeitet in der Asylbetreuung beim Landkreis Waldeck-Frankenberg. Ihre Impulse brachten uns zum Nachdenken über unsere alltägliche Sprache: Sagen wir Flüchtlinge oder Ankommende? Sprechen wir von Rassen oder von Menschen, die anders sind? Sie zeigte, wie hilfreich es ist, sich in die Situation derer zu versetzen, über die und mit denen man spricht.

Die zweite Referentin, Ute Claßen, ist Integrationsbeauftrage für Geflüchtete am Mehrgenerationenhaus in Bad Wildungen. Seit Jahren engagiert sie sich in einer Gruppe mit Ehrenamtlichen, die etwa für einen schnell und unkompliziert eingerichteten Grundschulunterricht in der Badestadt von der Bundesregierung ausgezeichnet wurde. Tief bewegend stellte sie das Schicksal eines jungen Mannes aus Eritrea vor: Als Jugendlicher gekidnappt und gefoltert, um Lösegeld zu erpressen, hat er kaum überlebt. Deutschland wurde seine Zuflucht. Heute arbeitet er in der Pflege, ist verheiratet und hat zwei Kinder. 

Angeregt von den Impulsen wurden aus der Gruppe eigene Erfahrungen mit Migration und MigrantInnen geschildert. Nicht nur das, was man lernen konnte, sondern auch die offen gebliebenen Fragen gehen als Bereicherung mit.  Zum Beispiel: Darf man Menschen, die einem fremd vorkommen, nach ihrer Herkunft fragen? Und ist es nicht genauso befremdlich, wenn man diese Frage peinlich zurückhält, so dass Zugewanderte das Gefühl haben, es interessiert sich niemand für meinen Weg? – Immer wieder ist das herausgefordert, was uns nach Ansicht vieler Fachleute zu Menschen macht: Die Fähigkeit, dass wir uns in andere hineinversetzen können.

Am kommenden Samstag, dem 8. November wird die Seminarreihe fortgesetzt unter interreligiöser und ökumenischer Perspektive: Was bedeuten die biblischen Pflanzen im Judentum, im Islam und in der Katholischen Kirche. Es sind noch Plätze frei. Infos unter https://www.ekkw.de/bibelgarten-guides